wald baden
raps baden
buchen baden
blumenwiesen baden
bach baden
lassen
laufen baden
schwitzen baden
frieren baden
lauschen baden
Vier Tage war alles auf Pause.
Ich hatte mich von meiner 14-jährigen Tochter mitreißen lassen. „Dann wandern wir halt mit Zelt“. Abenteuerlust. Ihr Bruder und ich waren auch noch abenteuerlustig genug. Zwischen gesagt, getan, gab es einige Durststrecken zu überwinden. Aber schließlich hatten wir unser Ziel vor Augen, mit minimalen Gepäck unterwegs sein, mit allem Nötigen und nichts Überflüssigen, unabhängig von allen Corona Erlaubnissen und Verboten. Und nötig ist nicht viel. Mit Tipps aus dem Internet, von erfahrenen Zeltwanderern in unserem Freundeskreis, stand bald nur noch Entscheidendes auf unserer Packliste. Um zu unserem minimalen Gepäck zu gelangen, musste unsere Ausrüstung zwei Voraussetzungen erfüllen. Geringes Gewicht und kleines Packvolumen, bei maximaler Funktionalität: Zelt, Isomatten, Schlafsäcke, Kocher, Kleidung, Wanderschuhe. Was passt noch, was ausleihen, was anschaffen, was aus unserem Fundus reaktivieren, wo auf das Optimum verzichten? Das Abenteuer braucht Vorbereitung und Entscheidungen.
Wo sollten wir überhaupt Wandern? Keine weite Anreise, vor der Türe ist es auch schön, war meine Devise. Nicht zu viel Kraftakt, war auch noch ein Motto von mir. Wieder Entscheidungen. Es sollten 4 Etappen des Donau-Zollernalb Fernwanderweges werden. Keine atemberaubende alpine Landschaft, dafür Abenteuer mit Zelt.
Dann kamen die Durststrecken. Die Bestellung bei Outdoorbroker kam nicht an, das Geld schon. „Dann nehmen wir halt einen Sommerschlafsack.“ „Schon wieder Schuhe kaufen.“ Pfingsten kalt und regnerisch. „Dann warten wir halt, bis das Wetter etwas besser wird für den Einstieg“. Ich habe schon nicht mehr daran geglaubt.
Und dann. Nur Wege finden. Schritte voreinander setzen. Den Rucksack auf dem Rücken spüren. Wanderzeichen folgen. Äußeren und Inneren. Wasser und Essen auffüllen. Lichtungen und Kraftplätze, die uns für die Nächte beherbergen, in denen ich höre, wie es zirpt, raschelt, röhrt, zwitschert, ruft, flattert, kräht. Die Nacht ist voller Klang. Darunter mischt sich unüberhörbar der Lärm der Zivilisation. Die Bahn, die pfeifft, als wäre es Lukas der Lokomotivführer mit Emma, Glocken, Motorräder, die ihre Motoren heulen lassen, Schwerlaster, die in den Tälern ihre Bahnen ziehen, undefinierbares Knallen wie andauernde Minifeuerwerke. Tagsüber auch noch Mähdrescher und Traktoren.
Nur minimal will ich darüber schreiben. Weil auch die Worte plötzlich nicht mehr wichtig waren. Weil alle alltäglichen Probleme ganz weit in die Ferne rückten. Weil mein Tochter ihr Handy ganz zu hause gelassen hatte und mein Sohn nur offline war. Nur ich musste schauen, wo die nächste geöffnete Nahrungsversorgungsquelle war, weil meine Beine so weh taten, dass ich keinen Kilometer zu viel gehen wollte. Aber nach den Füßen im Bach, ging auch das wieder.
Ich suche nach Worten, um meine Erfahrungen zu beschreiben. Also ich habe wenig geschlafen und viel der Nacht gelauscht. Ich, die Schlaflosigkeit nicht kennt, die eigentlich immer und überall sofort tief schläft. Ich war die mit dem Sommerschlafsack und habe die ersten zwei Nächte gefroren. Immerhin hatten wir die Regenjacken nicht umsonst dabei, in die ich mich noch eingewickelt habe. Ich habe tatsächlich eine andere Wahrnehmung bekommen, wieviel Lärm wir Menschen machen. Eine leise Ahnung ist in mir gewachsen, welche Weisheit und Kraft in der Natur vor unserer Türe wohnt, wieviel ich lerne, wenn ich mich hineinbegebe, beobachte, lausche, mich verbinde. Wie die Tiere soviel mehr wissen vom Leben und Überleben in der Natur. Rehe, Hasen, Füchse, Schlangen, Eichhörnchen, Mäuse haben wir gesehen. Käuzchen, Hirsche gehört. Ein wunderschöner roter Vogel, größer als unsere Finken, hat mir am Morgen Gesellschaft geleistet.
Ich habe eine Sehnsucht, noch viel mehr in der Natur zu sein, um tiefer zu begreifen, wie wir Menschen nur ein kleiner bescheidener Teil des Ganzen sind, wie alles zusammenwirkt und spielt und durch- und miteinander existiert. Ich spüre, wie weit wir uns durch unseren Fortschritt, durch unsere Art zu leben, von der Natur und damit von uns selbst entfernt haben.
Ein minimaler Schritt in ein bescheidenere Haltung. Ein Anfang. Ein Zutrauen. Eine Erfahrung.