
Das Tagebuch ist der Ort an dem sie alles tut. Fabulieren, kreisen, wüten, selbstgerecht sein, selbstvernichtend sein, sich auf frischer Tat ertappen, sich heil schreiben, mit sich sprechen, sich riskieren, sich langweilen, redundant sein, sich alles erlauben, sich feiern, sich ermutigen.
Es ist ein intimer Ort und ein belangloser Ort.
Das Kind hat im Tagebuch mit Gott gesprochen. Es ist auch ein heiliger Ort, ein Ort, an dem sie sich diesen leeren Seiten anvertraut. Unliniert. Über beide Seiten schreibt. Winzig und groß.
sie schreibt, weil sie ist
sie schreibt sich reich

sie hält an, sie lauscht, sie findet Worte,
sie schaut, sie verweilt, sie kostet aus,
sie schmeckt nach, sie feiert, sie folgt,
sie reißt sich mit und raus und reich
sie beschreibt

Sinneseindrücke, Gesprächsfetzen,
die Welt, das Innenleben, Verschränkungen
sie ist, weil sie schreibt

und jetzt und jetzt und jetzt und jetzt und jetzt und jetzt und jetzt und jetzt und jetzt
sie hält nicht mehr an

schreiben und die Katze schnurren lassen, écriture automatique, nicht mehr absetzen, nicht mehr anhalten, nicht mehr denken, nicht mehr und weiter und die Ameisen laufen in Straßen über den Waldboden über mein Bein über die Hügel und ich höre nicht mehr auf und nicht mehr auf und kritzel und kratzel und und und